Porc Negre die tierischen Ureinwohner Mallorcas

Porc Negre

Die tierischen Ureinwohner Mallorcas, Porc Negre

Die schwarzen Schweine von Mallorca sind die tierischen Ureinwohner der Insel. Haltung und Gene machen sie zu einer unverwechselbaren Delikatesse.

Wer Mallorca etwas abseits der Touristenpfade erkundet, trifft früher oder später auf irgendeinem Acker in irgendeinem Dorf auf die heimlichen Stars der Insel. Die schwarzen Schweine oder Porc Negre, wie sie auf Katalanisch heißen. Sie sind für ihr delikates Fleisch weltberühmt und nicht zu verwechseln mit den ebenfalls dunkelborstigen Ibericoschweinen, die eher in Andalusien oder Portugal zu Hause sind.

Die mallorquinischen Schwarzschweine sind in mehrfacher Hinsicht einzigartig. Sie sind  ein Kulturgut, dessen Geschichte viel über die Insel, ihre Bewohner, ihre Traditionen und ihre Handwerkskunst erzählt.  

Bis in die 1950er-Jahre waren alle mallorquinischen Schweine ausnahmslos schwarz und jede Familie hielt mindestens ein Tier. Die Schweinezucht sicherte über Generationen hinweg die Ernährung der Menschen und hatte darüber hinaus auch eine kulturell und räumlich ordnende Funktion. Die Schweine waren etwas, das die Dorfgemeinschaften verband.

Schwarze Schweine
Haustier auf Mallorca

Porc Negre war vom Aussterben bedroht

Mit dem Tourismusboom und steigenden Lebensstandard der Inselbewohner entfiel mehr und mehr sowohl die Notwendigkeit wie auch die Möglichkeit, eigene Tiere zu halten. Zugleich begann auch hier der europäische Siegeszug der rosa Mastschweine. Sie bringen nicht nur mehr Gewicht auf die Waage, sondern können auch bequemer und platzsparender im Stall gehalten werden. Nachdem sie ein paar Tausend Jahre unter sich geblieben waren, hatte sich die Population der tierischen Ureinwohner ab den 1980er-Jahren schließlich so drastisch reduziert, dass die Porc Negre Schweine sogar vom Aussterben bedroht waren.

Schwarzen Schweine von Mallorca
Schwarze Sau Mallorca

Eine mallorquinische Spezialität

Als noch jeder Haushalt Schweine hatte, wurde während der Wintermonate traditionell das „Matança“, das familiäre Schlachtfest gefeiert. Einer der Gründe für die starke Fleischlastigkeit der mallorquinischen Küche soll weit bis in die Urgeschichte zurückreichen. In Zeiten, in denen die Inselbewohner die Küstengebiete aus Angst vor Piraten weiträumig mieden und nicht besiedelten. In Ermangelung von Weideflächen verzichteten die Bauern zudem auf Rinderhaltung und züchteten stattdessen Schafe, Ziegen und eben Schweine. 

Nach dem Schlachtfest waren die Vorratskammern gut gefüllt mit Schinken und Pökelfleisch. Darunter auch mallorquinischen Wurstspezialitäten wie der „Sobrasada de Mallorca de Cerdo Negro“, einer mit Paprika konservierten Streichwurst, die in den Haushalten nach alten Rezepturen hergestellt wurde. Bis heute dürfen unter dieser Bezeichnung ausschließlich jene schwarzen Schweine verarbeitet werden, die seit mindestens 6.000 Jahren auf Mallorca heimisch sind. Ein langer Zeitraum, über den sich die tierischen Ureinwohner der Insel perfekt an die Bedingungen vor Ort angepasst haben und zu einer Delikatesse heranwachsen konnten.

Sobrasada de Mallorca de Cerdo Negro
Spezialität, Spanfergel
Echte mallorquinische Spezialität

Große Schlappohren

Entstanden ist die Rasse vermutlich durch eine Kreuzung aus Iberico und dem keltischen Schwein. Sie weist einige äußere Merkmale auf, durch die sie sich klar vom allgemeinen Hausschwein unterscheidet. Porc Negre Schweine haben lang gestreckte Köpfe und Beine. Ein weiteres Markenzeichen sind zwei von den Backen hängende Wucherungen, die ihre Sensorik unterstützen.

Ihre langen Schlappohren sind nicht nur niedlich, sondern dienen vor allem als Sonnenschutz für die empfindlichen Augen. Außerdem ist das Schwarzschwein kleiner und muskulöser als das Hausschwein, mit dem es genetisch insgesamt erstaunlich wenige Gemeinsamkeiten hat. So sorgt beim Urschwein ein besonderes Genmerkmal erst dafür, dass Fett im Muskelgewebe abgelagert wird. Durch diesen Prozess bekommt das Fleisch seine unverwechselbare Struktur und besondere Saftigkeit.

Spezialität, Schlachtefest

Über 60 Prozent gesundes Fett

Dabei ist Fett hier nicht gleich Fett. Das Porc Negre Schwein soll über 60 Prozent mehr gesunde Fette verfügen als gewöhnliche Hausschweine, was angesichts der unterschiedlichen Haltung der Tiere nicht verwundert. Die Urschweine werden nicht im Stall gemästet, sondern ausschließlich in Freilandhaltung gezüchtet. Auf ihrem Speiseplan steht das, was die Natur hergibt. Eicheln, Kaktus, Mandeln und Feigen machen das fette Fleisch der historischen Rasse noch saftiger und aromatischer.

In den Zuchtbetrieben leben die Ferkel mit ihren Müttern zusammen und finden auf dem Gelände ausreichend Beschäftigung. Hier sagt man, dass die glücklichsten Schweine auf Mallorca leben, zumindest die mit den schwarzen Borsten. Doch obwohl die Nachfrage nach dem begehrten Fleisch schon seit Jahren das Angebot übersteigt, wollen oder können sich viele Züchter nicht mehr von der modernen Stallhaltung trennen.   

Das Schicksal des Porc Negre

Dass es auf Mallorca überhaupt noch Schwarzschweine gibt, ist dem Engagement einzelner Züchter zu verdanken. Nachdem immer mehr Bauern auf pflegeleichtere und ertragreichere Rassen umgestellt hatten, waren Anfang der 1990er-Jahre auf der ganzen Insel nur noch eine Handvoll Betriebe mit insgesamt knapp 200 mallorquinischen Zuchtsauen übrig. Heute liegt die Zahl bei 1.300 Muttertieren, die sich auf 60 Betriebe verteilen. Auch die balearische Regierung macht sich seit einigen Jahren mit einem Förderprogramm für die Rasse des Porc Negre stark, damit die Schwarzschweine auf Mallorca nicht das gleiche Schicksal ereilt wie auf den Nachbarinseln, wo sie bereits vollständig ausgestorben sind.

Foodhunter Porc Negre
Typisches schwarzes Schwein

Text: Gourmet Manufactory Est. 2015

Bild: Gourmet Manufactory Est. 2015, Gema Christóbal Fotografia

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